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7. Juni 1951, Hinrichtungen

„Ich selbst war in der wirklich glücklichen Lage, keine Säuglinge erschießen zu müssen. Die Kinder, die ich erschossen habe, waren schon so groß, dass sie von der Mutter an der Hand geführt wurden. Ich habe die Mutter zuerst erschossen. Dann fiel es mir leichter, die Kinder zu erschießen, weil ja die Kinder ohne die Mutter sowieso nicht leben konnten.“ (Tagebuch-Eintrag, Gestapo-Mitglied)



Im Zusammenhang mit dem Programm „Aktion Reinhard“, dessen Ziel die totale Vernichtung jüdischer Menschen in besetzen Gebieten war, wurden „Einsatzgruppen“ gebildet und mit Karabinern ausgerüstet. Unter dem Kommando von SS Führern wurden die Gebiete Dorf für Dorf durchkämmt und jüdische Männer, Frauen, Kinder und Greise erschossen.

Die Haupttäter waren Angehörige der Sicherheitspolizei (Sipo), bestehend aus Geheimer Staats-. (Gestapo) und Kriminalpolizei (Kripo), des  Sicherheitsdienstes (SD), der Ordnungspolizei (Orpo) und der Waffen-SS
Von den Haupttätern standen in Nürnberg (9. Prozess) 24 Personen vor Gericht. Die anderen über 3000 Mörder konnten aus Zeitgründen nicht angeklagt werden. Aber es waren  „keine Schreibtischtäter, sondern das waren die, die wirklich dort gestanden sind, den Abzug gezogen haben und einer Frau, einem Kind, einem Mann eine Kugel in den Schädel gejagt haben.“ (Hannah Arendt) 
Und warum wurden nur 24 der Haupttäter angeklagt? 
Benjamin Fenrencz, Chefankläger im Einsatzgruppenprozess in Nürnberg: „Es gab nur 24 Sitzplätze. Das Haus war „ausverkauft“. Natürlich ist das absurd. Natürlich ist das nicht gerecht. Es gab nur eine symbolische Gerechtigkeit.“

Die Zahl der von den Einsatzgruppen ermordeten Juden, Sinti, Roma, Kommunisten und Behinderten bezieht sich auf „Ereignismeldungen“ an die Nazi-Führung. Die Zahlen schwanken zwischen einer und zwei Millionen Ermordeter.

Der 9. Nürnberger Prozess klagte die Beteiligten einer „Orgie des Mordes“ an.  "Der Einsatzgruppen-Prozess war das wohl grausigste Nürnberger Verfahren". (SPIEGEL, 16.10.2006)

Gegen die Urteile von 1948 und gegen die immer wieder verschobenen Vollstreckungen gab es in der deutschen Bevölkerung heftige Proteste. Ermittler und Richter wurden unter Druck gesetzt. Es gab Demonstrationen gegen die „Siegerjustiz“. Es gab auch Proteste gegen diese „Augen zu und vergessen“- Haltung seitens überlebender Juden. Die Polizei ging mit Gummiknüppeln gegen die jüdischen Gegendemonstranten vor. Auch antisemitische Parolen wie „Juden raus“ sollen gefallen sein, wie die "Süddeutsche Zeitung" nach der Demonstration in Landsberg] am 7. Januar 1951 berichtet.

Von den 16 Todesurteilen wurden am 7. Juni 1951 nur vier vollstreckt. Andere wurden umgewandelt in Haftstrafen. Die Mörder waren frei nach 3 Jahren (1), 6 Jahren (2), 7 Jahren (2), 8 Jahren (1) und 10 Jahren (3) .
Zwei zum Tode Verurteilte starben in der U-Haft, einer brachte sich selbst um.
Die anderen etwa 3000 an den Erschießungen Beteiligten wurden nicht zur Rechenschaft gezogen und waren unsere Nachbarn.

Mahatma Gandhi hat gesagt: „Auge um Auge bedeutet eine blinde Welt.“
Tut mir leid. Da muss ich noch sehr viel lernen. Ich sympathisiere mehr mit Beate Klarsfeld und ihrem Mann.

Fakten, z.T. aus Büchern, Tagebüchern und Dokumentationen:

Tagebücher/Briefe:
:„Ich selbst war in der wirklich glücklichen Lage, keine Säuglinge erschießen zu müssen. Die Kinder, die ich erschossen habe, waren schon so groß, dass sie von der Mutter an der Hand geführt wurden. Ich habe die Mutter zuerst erschossen. Dann fiel es mir leichter, die Kinder zu erschießen, weil ja die Kinder ohne die Mutter sowieso nicht leben konnten.“ 

„Den Menschen wurden Spaten und Schaufeln gegeben. Sie mussten eine tiefe und lange Grube ausheben und sich teilweise nackt reinlegen. Dann sollten sie mit Genickschüssen getötet werden. Das klappte machmal nicht und es wurden auch Lebende zugeschüttet.“

„Es war schon sehr anstrengend, immer nur Zielen und Schießen. Ich hätte lieber an der Front gekämpft.“

„Wie viele ich am Tag erschossen habe weiß ich nicht. 50? 100? Es ging ja immer weiter von Dorf zu Dorf, monatelang.“

„Am Morgen kam der Exekutionsbefehl. Den ganzen Tag über wurde geschossen. Am Abend gab es eine Sonderration Alkohol.“

„Die meisten Erschießungen fanden in den Sommermonaten statt, weil man im Winter keine Massengräber ausheben konnte.“






Ereignismeldungen:
„Das Sonderkommando 4a hat in Zusammenarbeit mit Gruppenstab und zwei Kommandos des Polizei-Regiments Süd am 29. und 30. September 1941 in Kiew 33.771 Juden exekutiert.“

„Die Zahl der durch das Sonderkommando 4a durchgeführten Exekutionen hat sich inzwischen auf 55.432 erhöht.

Einsatzgruppe C:
Obwohl man zunächst nur mit einer Beteiligung von etwa 5.000 bis 6.000 Juden gerechnet hatte, fanden sich über 30.000 Juden ein, die infolge einer überaus geschickten Organisation bis unmittelbar vor der Exekution noch an ihre Umsiedlung glaubten. Wenn auch bis jetzt auf diese Weise insgesamt etwa 75.000 Juden liquidiert worden sind, so besteht doch schon heute Klarheit darüber, daß damit eine Lösung des Judenproblems nicht möglich sein wird.“

Ende 1942 wurden die Erschießungen gestoppt. Grund war die Überfüllung der Massengräber und zu harter Boden, der das Ausheben neuer Massengräbern erschwerte.

Aber man hatte Einfälle:
Nach Angaben der SS wurden im Vernichtungslager Belzec 434.508 Menschen ermordet. „Nachdem das Lager Belzec gebaut war, ging alles einfacher und schneller, weil wir dort Gas hatten.“

Außerdem wurden „Gaswagen“ eingesetzt. Die Abgase der Lkw-Motoren wurden in das Innere der hermetisch verschließbaren Fahrzeuge geleitet. In den "G-Wagen" starben Tausende von Juden, die die SD-Einsatzgruppen "zur Liquidation" zusammengetrieben hatten. Unter dem Vorwand, umgesiedelt, entlaust und geduscht zu werden, wurden die Opfer. - jeweils vierzig bis sechzig Männer, Frauen und Kinder gleichzeitig - in die Todeswagen gepfercht.
Aussagen im Einsatzgruppen-Prozess: „ Die Kommandeure waren sehr zufrieden mit den Vergasungen. Der Wagen hat nicht gewackelt, und die Leute haben nicht geschrien. Das zerrte weniger an den Nerven als die Erschießungen.“

Wenn die SS-Führer der Einsatzgruppen ihre „Arbeit“ erledigt hatten schickten sie den Vergasungswagen mit der Mitteilung "Spezialwagen hat den Auftrag durchgeführt, Gebiete judenfrei" zurück.

Gaswagen


Wer sich weiter Informieren will kann das im Internet unter Stichworten wie „Einsatzgruppen-Prozess“, „Belzec“, „Treblinka“, „Aktion Reinhard“ usw. machen und sich auch den Film „Das radikal Böse“ ansehen.

Und außerdem kann er sich informieren über das Milgram Experiment und verstehen, was in fast jedem von uns steckt und wozu wir unter autoritärem Druck fähig sind.

Manfred Spies, 7. Juni 2017


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