PRAWDA hat Geburtstag
Die russische Tageszeitung PRAWDA erschien am 5. Mai 1912 zum ersten Mal. In stalinistischer Zeit erreichte die Tageszeitung eine Auflage von bis zu 14 Millionen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991ging es bergab und 1996 wurde die ursprüngliche PRAWDA aus finanziellen Gründen eingestellt.
Zitate aus dem SPIEGEL 2012, zum 100. Geburtstag der Zeitung:
Die russische Arbeiterbewegung, an die sich die Zeitung richtet, erlebt einen Aufschwung und den Terror des zaristischen Regimes. Im April 1912 erschießen Regierungstruppen 170 streikende Arbeiter an einer Goldmine nahe des Flusses Lena in Sibirien. Rund 200 Arbeiter werden verletzt. Die erste Ausgabe der "Prawda" beschwört das "Stöhnen der Verwundeten, das Wehklagen der Frauen der ermordeten Arbeiter."
Die härtesten Attacken auf das herrschende System führt ein Autor aus der Emigration. Fast täglich schickt Wladimir Uljanow aus einem Dorf bei Krakau in Österreich-Ungarn Manuskripte per Post an die Redaktion. In der Welt berühmt wird der Mann später unter seinem Pseudonym Lenin. Der führende Kopf der Bolschewiki verbindet geschliffene Polemik mit prägnanten Prognosen.
Lenin liebt es, "Prawda"-Leser zu provozieren, etwa im November 1912 mit einem Beitrag über "Die Krankheit des Reformismus". Darin wirft er den gemäßigten Sozialisten vor, sie hätten sich "mit der Modekrankheit der Niedergeschlagenheit, des Kleinmuts, der Verzweiflung und des Unglaubens infiziert". Lenin will die Revolution.
Und er prangert die "wahnsinnigen Rüstungen und die Politik des Imperialismus" an, die Europa in ein "Pulverfass" verwandelt habe. Im Oktober 1912 warnt Lenin in der "Prawda" vor einem kommenden Weltkrieg. Die Nationalisten, so der Führer der Bolschewiki, "führen die Völker um der Profite einiger weniger Geschäftsleute und Industrieller willen zur Schlachtbank." Im November 1912 erscheint Lenins Beitrag "Das erneuerte China". Darin geißelt der Autor die "Gleichgültigkeit Europas" gegenüber der Tatsache, dass "vierhundert Millionen Asiaten zum politischen Leben erwacht" seien.
Der Erste Weltkrieg macht Russland reif für die Revolution. Es nützt dem Zarenregime nichts, dass es mit Kriegsausbruch 1914 die "Prawda" verbietet. Nach der Abdankung des Zaren im März 1917 ist die Zeitung wieder da, geleitet von dem heimkehrenden Lenin. Mit der Machtergreifung der Bolschewiki wird die "Prawda" im November 1917 zum Staatsblatt.
Als ich in meinem Lokal TANNENBAUM in Düsseldorf im Frühjahr 1982 die Wände des vorderen Gastraumes mit jeweils 5 bis sechs untereinander geklebten Titelseiten internationaler Tageszeitungen dekorierte, faszinierten mich die Ausgaben der PRAWDA und der ISWESTIJA. Auf beiden Regime-Zeitungen war in immer gleicher Regelmäßigkeit das Zentralkomitee auf den Titelseiten abgebildet. Und zwar NUR das Zentralkomitee! Wie hält ein Volk das aus?
Im TANNENBAUM kann man diese historischen Ausgaben zwischen dem Tresen und der großen Türe zum hinteren Raum sehen. Sicher sehr vergilbt.
M. Spies, 5.Mai 2017
M. Spies, 5.Mai 2017
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