ALIENS IM BUNDESTAG?
Noch in der Nacht nach der Wahl las und hörte man in fast allen Medien, dass die Regierung unter CDU und SPD „der AfD die Straße und die Ängste überlassen hat.“ Genau das habe ich seit Langem informativ und auch ironisch auf Facebook und in meinem Blog der SPD vorgehalten.
Einem alten Bekannten aus gemeinsamen SPD-Zeiten, ehemaliger Sozialdezernent in Düsseldorf, der entsetzt auf den Zulauf bei der AfD starrte, schrieb ich:
„Wie viele Düsseldorfer oder sogar wie viele deiner Freunde waren für eine Demo gegen die Rechten in diesem Wahljahr auf der Strasse? War die Zahl der Gegendemonstranten etwa das Zehnfache wie bei den Rechten? Wenn diese Rechten in den Bundestag einziehen, wurden sie gewählt, weil sie nicht verboten und von einer Wahl ausgeschlossen wurden. Wenn Parteien für ihr waberndes Unwesen vom Wahlvolk belohnt werden, ist DAS beschämend. Aber WIR sind das Wahlvolk! Wer physisch oder intellektuell nicht in der Lage ist, aktiv Widerstand zu leisten, darf sich nicht wundern, darf nicht enttäuscht sein oder verzweifeln.“ Meiner Ansicht nach kann man Widerstand nicht vom Sofa aus leisten. Immer wieder forderte ich mehr MUTmenschen statt GUTmenschen.
Widerstand aus der Sofaecke - bis 5 nach 12? |
War das ein persönlicher Angriff gegen IHN? Als Antwort erhielt ich Beleidigungen, mir wurden Hass, Ablehnung des „Sytems Deutschland“ und Nähe zur AfD unterstellt. Nachdem ich rechtliche Schritte androhte wurden die Passagen auf Facebook entfernt. Aber so ist es eben, mit „Schmuddelkindern“ spielt man nicht.
„Die Partei hingegen verlangt Ruhe und Gefolgschaft um jeden Preis…Gerade diejenigen, welche am lautesten rufen, dass im Staat eine Opposition sein müsse, eifern gegen jede Uneinigkeit in der Partei.“ Das schrieb Max Stirner, Philosoph, Autor 1847!!! Eine Sakralisierung all dessen, was die Partei äußert, beschließt und macht, ist heute 170 Jahre später ebenso zu beobachten.
Der SPD-Kandidat Martin Scholz rief noch in der letzten Woche im Fernsehen und bei Wahlveranstaltungen, „Wenn ich Bundeskanzler von Deutschland werde…“ Nun bekam die SPD das schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik. Mit einem von keinem erwarteten Ergebnis von 13% sitzen die Rechten der AfD im neuen Bundestag. Das Entsetzen ist groß. Ist das Erstaunen berechtigt? Nein.
Die AfD -Partei und ihre Wähler sind keine Aliens, die plötzlich wie fremde, gefährliche Wesen auftauchten. Sie lebten seit vielen Jahren unter uns. Sie waren immer da, nur nicht so viele. Und warum sind es jetzt so viele? Weil sich etwas in ihren Erfahrungen, Sorgen, Ängsten geändert hat und sie zu komplizierten Analysen weder fähig nicht gewillt sind. Und die einfachen Antworten formulierten die Rechten. Auch das war schon immer so. Aber früher bekamen sie massiv Gegenargumente und es bildeten sich Initiativen aus Intellektuellen, Anwälten, Künstlern, Gewerkschaftern und protestierenden Wählern.
Die Spiegel, die ich auf Facebook einer nicht allzu großen Politgemeinde vorhielt, wurden von den Betroffenen oft beschmiert oder ignoriert. Meist formulierte ich gar nicht selbst, sondern zitierte bekannte und berühmte Philosophen, Psychologen, Wissenschaftler, Dichter und Denker. Es gab aus den politischen Lagern keine Zustimmung, sondern Distanzierung und Wegdrehen. Nun sehen wir die vorhersehbaren Ergebnisse, die ich nicht mit Häme betrachte. Mein Zorn ist nur noch größer geworden auf die Ignoranten, die ihren eingeschlafenen Weg ohne analytisches Vermögen weiter gegangen sind.
Ich bin kein Politologe, kein Soziologe, kenne mich in der politischen Fachliteratur überhaupt nicht aus. Aber ich lese, bilde mich weiter und finde etwas, das vor 170 Jahren aufgeschrieben wurde:
Der Genuss von Macht führt bei Machthabern zu einem Gesinnungswandel. Macht macht konservativ. In einer Regierung und ausgestattet mit Verantwortung entradikalisieren sich die Parteien. „Jede Partei strebt nach der Macht. Der Natur der Sache nach hört sie auf, das zu sein, was sie war (eine mehr oder weniger radikale Opposition), sobald sie wirklich zur Regierung gelangt ist….Ohne es zu wollen, werden die zur Regierung gelangten Politiker in die Mitte gedrängt…“
Ganz ohne Risiko ist so ein Kurswechsel für die jeweilige Regierungspartei allerdings nicht. Denn die Verschiebung zur Mitte verprellt die Stammklientel und an den Rändern des politischen Spektrums öffnet sich der Raum für radikalere Konkurrenten, sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite.“ (Julius Fröbel 1847, aus Philipp Erbentraut, Theorie und Soziologie der politischen Parteien im Vormärz 1815-1848)
Man muss nur ein wenig in Büchern der Vergangenheit blättern, um Erklärungen für die Gegenwart zu bekommen. Alle fragen sich in den Medien, bei Talk-Shows und in den Parteien selbst, „Wie konnte es dazu kommen?“ Ganz einfach. (s.o.)
Aber man verhält sich inkompetent und inkontinent und muss am Ende versuchen, die braune Scheisse aus der Wäsche zu waschen. Diesen Dreck haben aber keine Aliens gemacht.
Die NPD gibt es seit 1964, die Republikaner seit 1983, Die Freiheit seit 2010, Die Rechte seit 2012, Der III Weg seit 2013, Die AfD seit 2013. Dann sind da noch Pro-Bewegungen, BIW Bürger in Wut, DVU und BZH. Sie alle bekennen sich zu:
Was die Rechten wollen, wissen wir seit langer Zeit. Was wurde in den Medien, mit Demos, Debatten und INFORMATIVEN Veranstaltungen dagegen getan? Rock gegen Rechts und T-Shirts sind gut für Besucher und Träger. Klären sie auf?
Die großen Parteien müssen sich also Fragen stellen lassen, wenn sie erschüttert, entsetzt und entrüstet sind. Aber auch im Wahlkampf habe ich nie Kandidaten erlebt, die mit Blick auf enttäuschte, entrüstete und wütende Bürger sich offen zu Fehlern bekannten. Das MUSS anders werden.
Die großen Parteien müssen sich also Fragen stellen lassen, wenn sie erschüttert, entsetzt und entrüstet sind. Aber auch im Wahlkampf habe ich nie Kandidaten erlebt, die mit Blick auf enttäuschte, entrüstete und wütende Bürger sich offen zu Fehlern bekannten. Das MUSS anders werden.
Auch im Forum „LINKE SPD“ wurde in den letzten Wochen gefordert, keine große Koalition mehr zu machen und besser in die Opposition zu gehen. Dort müsste sich die SPD aber wandeln, erneuern. Wir brauchen Politiker mit einer völlig anderen Ethik und Moral, für die Macht und Gier als Maximen und Antriebe nicht existieren.
Ich will nicht in meinen Arbeiten immer nur berühmte Tote zitieren müssen. Wo sind heute die PolitikerInnen, die man zitieren und bewundern kann? Wo sind die Hunderttausende engagierter Genossen und Genossinnen, deren Begeisterung andere mitreisst und BEWEGTund nicht von Karrieredenken gefärbt ist? Willy Brand hat gesagt: "Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit nicht weit." Aber er ist auch schon tot. Wenn sich die heutige SPD an früheren Idealen orientieren würde.......
Damals in Köln habe ich Wolf Biermann singen und sagen hören: "Die Morgenröte einer neuen, besseren Zeit kommt aber nicht, wie das Morgenrot kommt nach durchschlafener Nacht." Richtig, vom Sofa aus und mit Würstchen und Luftballons am Werbestand geht es nicht. Auch nicht mit einer Agenda Sozundsoviel und einem Diskurs der sozialen Zukunftsperspektive mit kommunikativ relevanter Diktion. So etwas will wirklich keiner hören und lesen.
Den Werten wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit müssen auch Wahrheit hinzugefügt werden. "Manfred, du siehst das alles zu ethisch und moralisch, du musst das politisch sehen," sagte mit in Jusozeiten ein Genosse, der natürlich später im Bundestag. saß. Wofür sollten denn sonst Politiker arbeiten? Auf der Basis von Ethik und Moral für die Bürger, dazu verpflichtet sie der Amtseid! Aber ob solches Denken jemals wieder aktuell wird?
Als die Bundesministerin für Gesundheit und familie, Ulla Schmidt (SPD) die Tabaksteuer um einen Euro erhöhen wollte, pfiffen sie die eigenen Parteifreunde zurück. "Wenn das in kleinen Schritten á 20 Cent gemacht wird, bleiben die Leute "bei der Stange" und die Tabaksteuer bleibt uns erhalten. (14 Milliarden gegen 34 Milliarden Folgekosten des Rauchens, was für ein rechnerischer Schwachsinn!). Aber: "Manfred, du musst das politisch sehen."
Als die Bundesministerin für Gesundheit und familie, Ulla Schmidt (SPD) die Tabaksteuer um einen Euro erhöhen wollte, pfiffen sie die eigenen Parteifreunde zurück. "Wenn das in kleinen Schritten á 20 Cent gemacht wird, bleiben die Leute "bei der Stange" und die Tabaksteuer bleibt uns erhalten. (14 Milliarden gegen 34 Milliarden Folgekosten des Rauchens, was für ein rechnerischer Schwachsinn!). Aber: "Manfred, du musst das politisch sehen."
Von Sigmar Gabriel (SPD) stammt der Satz, "Waffenexporte sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit."
Als er Bundesminister für Wirtschaft wurde, stiegen die deutschen Waffenexporte (auch in Krisengebiete) auf eine in der Geschichte Deutschlands nie erreichte Höhe. "Manfred, du musst das politisch sehen."
Was Herrn Martin Schulz angeht, so kenn doch jeder das Video von ARD. Das ist ja kein rechtsradikaler Sender. https://www.youtube.com/watch?v=8tVx8koEQE8
WAS HAT DAS ALLES MIT WAHRHEIT ZU TUN? Und wenn das alles bei den etablierten Parteien gängige Praxis ist, spielen damit diese Parteien den Rechten die Wähler zu.
Ich bin skeptisch. Nur wenn die Bürger wach sind und die Politiker zu ihren eigenen Idealen zwingen, kann sich etwas ändern. Denkzettel sind da ganz nützlich.
Aber es darf auch geträumt werden. Das haben Jimmy Hendrix und Dr. Martin Luther King auch getan und ich mache es immer noch.
Manfred Spies, 25.September 2017
https://www.youtube.com/watch?v=ARvrvJV4th4https://www.youtube.com/watch?v=RX8BlJQrLAI
https://www.youtube.com/watch?v=RX8BlJQrLAI
https://www.youtube.com/watch?v=RX8BlJQrLAI
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