Sozialistengesetz ist die Kurzbezeichnung für das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, das von 1878 bis 1890 galt.
Die Begriffe Sozialismus und Sozialdemokratie wurden im damaligen Sprachverständnis in der Regel als Synonyme verstanden
Reichskanzler Otto von Bismarck, demokratischen Ideen gegenüber reserviert bis ablehnend eingestellter Konservativer, betrachtete Sozialdemokraten und Sozialisten von Anfang an als „Reichsfeind“ und agierte schon vor dem Sozialistengesetz mit repressiven Maßnahmen gegen die Sozialdemokratie und die noch junge Gewerkschaftsbewegung
Otto von Bismarck |
Vorwand
1878 wurden zwei erfolglose Attentate auf Kaiser Wilhelm I. verübt. Bismarck ließ verbreiten, dass die Attentate auf die Sozialdemokratie zurückzuführen seien. Eine Verbindung der Attentate mit der Sozialdemokratie war aber und ist bis heute nicht nachweisbar.
Bismarck nutzte in seinem Hass die Gelegenheit, einen bis dahin erfolglos eingebrachten Gesetzentwurf in verschärfte Form im Reichstag vorzulegen.
Am 19. Oktober 1878 setzte sich der verschärfte Gesetzentwurf mit 221 zu 149 Stimmen durch.[ Nach der Zustimmung des Bundesrates am 21. Oktober und der Unterzeichnung durch Kaiser Wilhelm I.. erhielt das Gesetz am 22. Oktober 1878 mit seiner Verkündung Rechtskraft.
Viele Sozialisten setzten sich unter dem politischen Druck des Gesetzes ins ausländische Exil ab, vor allem nach Frankreich, die Schweiz oder England.
Das Sozialistengesetz bekämpfte die Sozialdemokraten als „Reichsfeinde“ und erschwerte nachhaltig die Integration von Arbeitern und Sozialdemokratie in Staat und Gesellschaft. Die faktische politische Ausbürgerung der sozialdemokratischen Opposition ging mit einer sozialen Ausbürgerung einher, der zufolge Sozialdemokraten materiell entrechtet und am Arbeitsplatz verfolgt wurden. Die Verfolgung weckte die Solidarität großer Teile der Arbeiterschaft und führte seit 1881 zunehmend zu Wahlerfolgen für die für formell als Einzelpersonen auftretenden Kandidaten der SAPD. Regional wurden verschiedene Arbeitersportvereine oder Naturfreundegruppen als tarnorganisationen an Stelle der verbotenen Partei- oder Gewerkschaftsgruppen gebildet, in denen die politische Arbeit, wenngleich mit hohem Risiko behaftet, fortgesetzt wurde. (Mutbürger!)
Ein wesentliches Ziel des Sozialistengesetzes, die Reduzierung der Stimmen für die Sozialdemokraten bei den Reichstagswahlen, wurde jedoch nicht erreicht – im Gegenteil: Hatten die Sozialdemokraten 1881 nur 311.961 Stimmen erhalten, waren es 1884 bereits 549.990, 1889 763.128 Stimmen, 1890 sogar 1.427.000 Stimmen.
Mit letzterem Ergebnis wurde die SAP, noch vor ihrer Umbenennung in SPD, zum ersten Mal die wählerstärkste Partei des Reiches.
Vor diesem Hintergrund wurde die weitere Gültigkeit des Gesetzes am 25. Januar 1890 im Reichstag abgelehnt.
(Ähnlich wie in meinen früheren Artikeln über die Haltung der SPD zum Ermächtigungsgesetz und zum endgültigen Verbot der SPD im Mai 1933 äußere ich auch hier meine Hochachtung und meinen Respekt vor der kämpferischen Haltung der SPD und vor dem Mut ihrer Protagonisten.)
(Es wurden für diesen Artikel z.T. Internetzitate aus Wikipedia benutzt.)
(Es wurden für diesen Artikel z.T. Internetzitate aus Wikipedia benutzt.)
Manfred Spies, 19.Oktober 2017
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