Mein Freund Horst Landau
Geboren ist Horst 1937 in Düsseldorf, er ist also vier Jahre alter als ich und wir kennen und mögen uns ein halbes Leben.
Vor 45 Jahres bekam er seine Promotion und arbeitete als Zahnarzt. Horst begann früh mit dem Schreiben und Veröffentlichen von Erzählungen, Hörspielen und Lyrik. Seit 1973 ist er Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller und seit 1991 in der Europäischen Autorenvereinigung Die Kogge.
Horst hatte neben seiner poetischen Fantasie auch einen kritischen Blick auf seine Gegenwart.
Wie sehr schätzt und fördert seine Heimatstadt die Künstler? Das sagen die Künstler meist nur hinter vorgehaltener Hand. Horst Landau beschreibt es dichterisch mit feinen Worten. Aber er weiss: Schon mit dem berühmten, in der Düsseldorfer Altstadt geborenen Dichter Heinrich Heine verband Düsseldorf eine schwierige Liebe. Die Konservativen machten Krach wegen des Namens der Heinrich-Heine-Uni, der Heinrich-Heine-Allee und der Heine-Denkmale. Der Bildhauer Bert Gerresheim hat den Kopf Heines symbolisch gefangen in ein Stahl-Gestänge.
Der Düsseldorf-Text von Horst Landau:
„Ich hänge an Düsseldorf.
Es ist die Stadt in der ich geboren und aufgewachsen bin, die Stadt, die mich geprägt und geschliffen hat. Es ist die Stadt, in der ich gut drei Viertel meines bisherigen Lebens verbracht habe, die Stadt, in der ich aller Wahrscheinlichkeit nach bleiben werde – lebenslänglich.
Ich hänge an Düsseldorf: hier habe ich meine Familie und übe meinen Beruf aus; hier habe ich Wurzeln geschlagen – wenn man das Wurzeln nennen kann: diese allmählich sich verfestigenden Strukturen einer bürgerlichen Existenz, in der man sich entfaltet indem man sich begrenzt.
Ich hänge an Düsseldorf – und doch beobachte ich diese Stadt mit einer gewissen irritierten Reserve. Ich wohne in dieser Stadt, aber diese Stadt ist keine Heimat für mich.
Ich glaube sie ist für niemanden eine Heimat: es fehlt ihr dazu an Wärme!
Düsseldorf gilt als eine leichtlebige Stadt, aber das heißt nicht, dass es leicht ist, in ihr zu leben!
Gewiss: sie ist schön und bezeichnet sich gerne als Kunststadt – so wie eine gut gewachsene Stripperin sich gern als Künstlerin bezeichnet.
Sie kleidet sich schick, sie schmückt sich und lässt sich den Hof machen; aber für andere als rein materielle Dinge hat sie kein Gespür.
Dabei ist sie konservativ durch und durch. Aber die alten Hüte versieht sie mit einem besonderen modischen Pfiff.
Sie hängt sich immerzu an bekannte Persönlichkeiten und glänzt mit ihnen in der Öffentlichkeit.
Aber sie tut es noch lange nicht mit jedem: bei ihr kommt keiner hoch – es sei denn, er ist schon oben!
Sie ist nicht dumm. Sie hat sogar Charme. Sie lächelt. Sie hat ein hinreißendes Temperament. Aber wenn mal keiner da ist, der genügend Umsatz macht? Dann hockt sie herum und gähnt und ist kalt wie eine Hundeschnauze.
Man hat es wahrlich nicht leicht mit ihr.
Sie gehört zu der Sorte, der man verfällt, obwohl man sie nicht liebt – nein: weil man sie nicht liebt!
Sie ist raffiniert, sie hat es heraus, die Begehrlichkeit zu wecken und immer wieder neu anzustacheln. Man kommt nicht zur Ruhe mit ihr, in ihr…
Ich hänge an Düsseldorf, an diesem vertrackten Weibsstück, und diese Stadt hängt mir an wie ein Laster.
Oft habe ich sie gefressen, diese verdammte, kalte, eitle, berechnende Stadt.
Und sie frisst mich langsam auf.
Ich knurre sie an, aber ich komme nicht los von ihr: ich bin an sie gebunden.
Ich bin ein Kettenhund:
Ich hänge an dieser Stadt.“
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